Der Grenzhafen Darsser Ort

Kurz nach dem 2. Weltkrieg lebte der Gedanke des Durchstiches wieder auf. Es war noch die Zeit der Sowjetischen Besatzungszone, als in den Akten das Projekt auftauchte, also in einer Zeit, wo man erwarten würde, daß die Beseitigung der Kriegsschäden z.B. in Stralsund die Behörden genügend beschäftigen würde.

Aber nein, am 31. Mai 1947 legte der Landrat des Kreises Stralsund eine „Denkschrift über die Herstellung eines Fischereischutzhafens bei Straminke auf der Halbinsel Zingst mit einer Schiffahrtsverbindung nach Barth“ (vgl. 26) vor. Der Autor betont, daß er inhaltlich voll auf der Denkschrift von 1935 fußt. Die erneute Denkschrift erweist sich als notwendig, weil die bisherigen Unterlagen infolge der Kriegseinwirkung bei den Zentralbehörden in Berlin sowie den Mittelbehördern in Stettin verloren gegangen waren und insofern bei den nun jetzigen Amtsnachfolgern der „russischen Zone bzw. später in einem neuen deutschen Reich nicht zur Verfügung stehen“.(26, Bl. 16)

Inhaltlich werden in der Tat keine neuen Argumente beigebracht, was ja nicht verwundert. Es sei nur aufmerksam gemacht die bald nach der Schließung des Prerowstromes erhobene Forderung der Fischer, nach Schaffung einer Ostseeverbindung des Boddens zum Einströmen von Salzwasser zur Verbesserung der Wasserqualität und damit der Verbesserung des Fischbestandes.

 

Weiterhin heißt es, daß aus den verloren gegangenen Ostgebieten viele Fischer in unser Gebiet gekommen sind. So „wie man den Landarbeitern und Bauern mit Hilfe der Bodenreform eine Grundlage für eine landwirtschaftliche Tätigkeit gegeben hat“ (26, Bl. 6), müssen auch die zu uns gekommen Fischer unterstützt werden. Dies könne durch eine Öffnung der Boddengewässer zur Ostsee und der damit verbundenen Verbesserung der Wasserqualität erreicht werden. Die weiteren Argumente beziehen sich auf die Notwendigkeit eines Nothafens, der wirtschaftlichen Entwicklung, die im nunmehr verkleinerten und verarmten Deutschland von besonderer Bedeutung sei. Wie schon zuvor wird die Anlage des Nothafens für vordringlich erachtet, sollten die Geldmittel derzeit nicht reichen, wäre dieser zunächst so anzulegen, daß eine spätere Erstellung einer sich anschließenden Schiffsverbindung nach Barth möglich wäre, also zunächst nur der Bau der Molen, der Anlegebrücke und die Ausbaggerung des Vorhafens. Ausdrücklich wird weiterhin betont, daß dieser Hafen als reiner Fischereischutzhafen, nicht Fischereiverkehrshafen mit Lager-, Verarbeitungs- und technischen Einrichtungen keine Konkurrenz zu Stralsund darstellt.

 

Wenig später wird der Plan von den zuständigen DDR-Behörden weitergeführt. Am 27. November 1950 schickt der Rat des Kreises Stralsund, Dezernat Landwirtschaft, Abt. Wasserwirtschaft, an das Dezernat Wirtschaft, Abt. Aufbau eine Anfrage:

Quelle: Stadtarchiv Barth

Wir sehen, die Anfragen sind sehr konkret, sie beziehen sich natürlich, wie es für das Dezernat Landswirtschaft zu erwarten ist, auf Fragen der Verbesserung der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen.



Nun aus dem Projekt Durchstich wurde wieder nichts. Gebaut "wurde 1962 von der Nationalen Volksarmee der DDR am Darßer Ort ein sogenannter Grenzhafen errichtet. Von hier aus wurden nach dem Mauerbau DDR-Bürger daran gehindert, über die Ostsee zum nur etwa 35 km entfernten dänischen Falster zu fliehen. Der gesamte Darßer Ort wurde zum Sperrgebiet erklärt und durfte bis zur Wende 1989 nicht betreten werden." (9)